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Baby Kolumne | Das schlimme Wort "Hygieneerziehung"!

Ungläubigkeit, Kopfschütteln, Erstaunen, vielleicht sogar manchmal Neid, aber am allerschlimmsten Vorwürfe. Das alles kommt mir gefühlt entgegen, wenn ich stolz sage, Felix macht sein großes Geschäft ausschließlich ins Töpfchen. Bin ich eine schlechte Mama, weil ich mein Kind nicht unkontrolliert in die Windel machen lasse, sondern mir die zusätzliche Arbeit aufbürde, es zu beobachten und zu versuche seine Bedürfnisse richtig zu deuten? In Zeiten in denen viele Kindergärtnerinnen beklagen, dass die Zahl von Wickelkindern in den letzten Jahren wieder stätig zunimmt, anscheinend schon.

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Pic via Michael Knights
Sommer 2015. Es ist warm, sehr warm, die 35°C Marke wird seit ein paar Tagen mehrfach geknackt. Für meine Verhältnisse zu warm und auch der Kleine leidet. Bei dem Wetter hilft nur eins, alle Klamotten runter, damit der Schweiß ungezügelt fließen kann. Alle Klamotten und im Fall des Babys bitte auch die Windel! Wer möchte bei diesen Temperaturen schon wattiertes Plastik gefüllt mit Chemie am Po kleben haben?! Niemand! Ergo, es läuft ab und an nicht nur der Schweiß... gut damit muss man leben können. Oder man schafft sich eben Abhilfe, indem man sich einen guten Spürsinn, Adleraugen, ein Töpfchen und auch ein wenig Enthusiasmus zulegt.
Gesagt getan, mehr aus Interesse gepaart mit ein wenig Verrücktheit machten wir also einen Ausflug zum nahegelegen und vor allem gut klimatisierten Babyfachgeschäft, in welchem wir uns unter viel Gelächter aller beteiligten, ausgiebig der Töpfchensitzprobe widmeten. Wie enorm ist Bitte die Auswahl in dieser Produktsparte?! Von Bobbycar Töpfchen mit Hupen bis hin zu selbst so ausgefallenen Modelle wie Sitztöpfchen, die bei erfolgreich absolviertem Geschäft schrill blechern "Lambada" zur Belohnung trällern, gibt es alles. Wir entscheiden uns letztendlich für ein "stink" langweiliges Modell, auf dem der kleine Mann am besten sitzt und sich sichtlich wohlzufühlen scheint.

Zu Hause angekommen setzten wir uns beide spaßeshalber gemeinsam auf die Toilette. Ich als Vorbild auf die gute alte Keramik, der kleine Herr auf sein neu erworbenes Plastik Töpfchen. Und da passierte es! Fassungslosigkeit gepaart mit Staunen und natürlich auch etwas Stolz machten sich breit, es spielte zwar nicht der Lambada, aber es war eindeutig zu erkennen, dass der kleine Mann das tat, was man eben auf dem Örtchen bekannterweise macht. Auf die erste Ungläubigkeit folgte Jubel und Applaus, ein sicherlich groteskes Bild, wie wir da im Bad standen, beziehungsweise saßen und mit heruntergelassenen Hosen applaudierten und johlten.

Seit diesem Tag macht Felix ins Töpfchen. Anfangs dachten wir an Zufälle, aber so oft können das keine Zufälle sein, er wusste haargenau, was man im Bad zu machen hat, und wenn es auch nur Nachahmung ist, so wie es der Kinderarzt interpretiert, was soll´s! Würde Felix sich mit dieser Variante nicht wohlfühlen, würde er es mir wohl auch kaum zu verstehen geben, wenn er etwas zu erledigen hat.

Und da die kindlichen Ausscheidungen im Kreise junger Eltern immer wieder ein erstaunlich beliebtes Thema sind, erzählt man, wenn das Thema aufkommt, natürlich auch vom familiären Töpfchenerfolg. Ergo - mir passiert seitdem das, was ich eingangs aufgeführt habe: Ungläubigkeit, Kopfschütteln, Erstaunen, vielleicht sogar manchmal Neid, aber am allerschlimmsten Vorwürfe. Wie ich meinem Säugling, der seinen Schließmuskel ja wohl alleine aus entwicklungstechnischer Sicht noch gar nicht in der Lage zu kontrollieren ist, dies sei frühestens mit 2,5 Jahren der Fall, diese noch völlig unzumutbare Hygieneerziehung zumuten kann?! Hygieneerziehung - ein schreckliches Wort. Für mich ist das keine Hygiene Erziehung, für mich ist das ganz normales zusammenleben. Ja, ich beobachte mein Kind sehr genau und sehe zumindest beim großen Geschäft meist, wann es Zeit wird, den Thron zu besteigen. Er sendet Signale, ich reagiere, was immer ein paar Minuten dauert, gerade jetzt, wo wieder mehrere Lagen Kleidung getragen werden. Endlich auf dem Topf angekommen wird dann "der Akt" vollzogen. Nicht vorhandene Schließmuskelkontrolle?! Das lass´ ich jetzt hier einfach mal so stehen...

Selbstverständlich trägt Felix noch Windeln. Ich werde einen Teufel tun und das Wort "Trocken", was mir in Verbindung mit den Klogeschäften allzu oft in den Mund gelegt wird, zu verwenden. Felix ist nicht trocken, er macht nur eben sein Geschäft (wenn erwachsene Bezugspersonen seine Signale erkennen und richtig deuten) lieber ins Töpfchen. Und auch das passiert nicht immer. Da passt man mal nicht auf, ist abgelenkt oder das Kind gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe, dann geht auch mal was in die Windel und auch das ist völlig in Ordnung! Dennoch kann ich sagen, dass in der Regel das kleine Plastiktöpfchen von ihm bei Weitem bevorzugt wird. 

Ich denke nicht, dass ich eine schlechte Mama bin, weil ich mein Kind aufs Töpfchen setze. Ganz im Gegenteil, ich bin eine stolze Mama!

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